21.45 Uhr am Hamburger Fischmarkt bei 14°C Dank Dauerregen. Es ist nicht Sonntag, sondern Mittwoch. Und ich bin kein Tourist. Die drei Mannen vom provokant-pornösen Nude Paper s/w-Fotokunstmagazin haben – wieder parallel zur Lead Award-Verleihung in den Deichtorhallen – zum elitären Release von Issue 3 ins Golem geladen. 8 Euro Eintritt, nüscht for free. Apropos Kopfschütteln: Non-Fashionists und Metallköppe kennen den Laden noch als »Headbanger’s Ballroom«.
Schon nach den ersten 45 Minuten ist es knüppeldickevoll, stickig heiß und das Barpersonal freundlich überfordert. (Origineller Zufall? »Golem« ist das hebräische Wort für »hilflos«). Die Farbe Schwarz dominiert Blümchentunika, Striped-Top, Pastell-Blazer. Jede Menge Wedge Heels, Nerdbrillen, gerollte Chinos, gestutzte 30-Tage-Bärte, tighte Cardigans, Art-Print-T-Shirts.
Klarer Fall: Hier wurde heute Nacht nicht nur die Location gepachtet, sondern auch der Style. Zu ewig nicht gehörten Klangschmankerln von Kraftwerk oder sogar »Equinoxe Part 4« von Jean Michel Jarre gelang der großartige Spagat zwischen visionären Oldschoolbeats von 1978 und Longleg Fashionistas von plusminus 1988.
Und wie im richtigen Leben – je tiefer man kommt, desto schmutziger wird es: Im Keller gab’s Verruchtes, Verrauchtes und Inszeniertes. Und die fein gestylte, gut gelaunte Crowd schob sich erwartungsvoll von links nach rechts, von oben nach unten und wieder zur überlasteten Bar, die bereits vor Mitternacht Pilsnachschub per Taxi ankarren ließ.
Mir gefiel’s, auch wenn ich mir ein wenig fehl am Platz vorkam. Aber hier gilt die Regel: So lange man noch mehr als 25 Bekannte, Kollegen und Freunde trifft, ist alles gut. In diesem Sinne, Danke für 180 Minuten schwül schmutzigen Style: Sven, Jürgen, Ferenc, Katta & Nic, Marco & Holger, Nina & Sara, Silvie, Cecil, Felix, Tini & Steffen, Kirk, Arnd, Ella, Ulli & Mo, Alexandre & Radek, Miss Kimsi, Hannes, Michael, Uli, Nina und Niels.