Wenn zwei Legenden sich zusammentun, muss nicht automatisch Sensationelles dabei heraus kommen. Am Reißbrett bemüht konzipierte und als revolutionär prognostizierte Sneakermodelle werden heutzutage im Zweiwochentakt auf den Markt gebracht. Ausprobiert und kollaboriert wird gefühlt wahllos jeder mit jedem und alles mit allem. Ob Ballsportakrobat oder Zwirnexperte, Rapper oder Rollbrettfahrer, TV-Darsteller oder Boutique-Inhaber.
Getreu Walt Disney »if you can dream it, you can do it« wird geschändet und verschandelt: mit Strass und Edelmetall, mit Kartoffeldruck und Fingerfarben, mit USB-Schnittstelle und handgeflochtenen Senkeln. Mal ehrlich, das meiste davon ist Bockmist. Anders sein, lediglich um des Andersseinwollens. Relevant für einen PR-Flight, für Jäger und Sammler und als Entertainment für die flugs gelangweilte Schnürschuhszene.
Von wirklicher Spektakulanz sind unterm Strich nur wenige Kollaborationen. Erst recht, wenn elementare Eingriffe und Angriffe auf klassische Silhouetten und Styles vorgenommen werden. Beispielsweise bei Chucks aus dem Hause Converse. Der Klassiker von 1923 steht nach wie vor für Schlichtheit, Perfektion, Klassenlosigkeit, Zeitlosigkeit und Authentizität.
Für meinen Geschmack zählt nach wie vor nur das Klassiker-Highmodell in drei Farben: schwarz steht für The Ramones und Johnny Knoxville, blau steht nach wie vor für Snoop Dog und beige ist immer noch das Modell, das zum Anzug ebenso selbstverständlich getragen werden kann wie zur Shorts am Strand, zur Chino im Büro oder zur Jeans auf einem Hipsterevent.
Doch im Sommer 2013 wurde ein Chuck massiv durch den Wolf gedreht und an allen Ecken und Ösen verfeinert, verstärkt, veredelt, verändert. Exklusiv für eine sensationelle Limited Edition. Konzipiert und gefertigt mit viel Knowhow und viel Liebe, ohne Firlefanz und Schischi. Der kollaborierende Künstler: Chaz Bojorquez. Der aus Mexiko stammende, in Los Angeles lebende Street Artist und Grafikdesigner zählt zu den Pionieren des Graffiti und gilt als Godfather des sogenannten Cholo Styles. Sein Markenzeichen seit der Hippie-Ära ist ein expressiver, mexikanisch-amerikanischer Stilhybrid, oft in Schwarzweiß, inspiriert von asiatischer Kalligraphie.
Entstanden ist ein Premiumchuck mit vielen Details auf den zweiten Blick. Bei dem Schwarzweißmodell trifft rußschwarzes Canvas auf blütenweiße Sohle: schwerer und fester als gewohnt, eindeutig rollbrettkompatibel. Das Ganze in dezenter Kombination mit schwarzen Waschlederparts an Zunge, Zehenkappe, Ferse und Senkelleisten. Das klassische Converse Logo ist auf der Innenseite schwarz auf schwarz eingestickt. Im Nichtsichtbereich des Innenfutters prangt ein weißes Typo-Graffiti.
Die gepolsterte Einlegesohle ist mit einem Fotodruck verziert, das den Meister selbst beim Malen an der Wand zeigt. Übrigens dasselbe Motiv, das auch den Umkarton ziert sowie die additive Baumwoll-Sneakerbag. Der Chaz Chuck vereint Purismus mit artifizieller Authentizität. Wäre dieser Chuck eine Stadt, es wäre wohl Los Angeles. Man muss kein Master of Art sein, um zu erkennen, dass Chaz Bojorquez in diesem Sneaker, wie in all seinen Werken, drei elementare Dinge gekonnt und unaufgeregt miteinander verbindet: Cultural Identity, History, Unity.
Auch wenn der Limited Launch bereits im Juli stattfand: großartiges Artwork ist zeitlos. Davon abgesehen passt der Chaz Chuck eh viel besser zur rauen Winterkälte. Und der in Deutschland viel zu unterrepräsentierte Künstler Chaz Bojorquez ist auch nach viereinhalb Jahrzehnten immer noch Vorreiter in Sachen Street Art und Street Credibility.