Eis – vermutlich eines der ersten Lifestyle-Produkte überhaupt. 1686 eröffnet ein Italiener das erste Eiscafé, allerdings in Paris. 1770 startet die allererste Gelateria, natürlich in New York. Die erste deutsche Eisdiele debütiert 1799 – im Hamburger Alsterpavillon.
180 Jahre später kommt es in den Achtzigerjahren zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kugeleis und einer Zubereitungsvariante namens Softeis, bei der die Eismasse aufgeschäumt und gefroren wird. Das Softeis verliert das Duell. Schuld sind Salmonellenskandale und vermutlich auch die eingeschränkte Varianz. Schließlich gab es vorwiegend die drei typischen Oldschool-Sorten: Vanille, Erdbeer, Schokolade. Als komprimiertes Convenience-Produkt auch bekannt als »Fürst Pückler« oder Krankenhauseis, mit dem man als Kind gern nach der klassischen Mandeloperation über Tage verköstigt wurde. Vermutlich kann ich diesen Dreisortenhybrid auch deshalb nicht leiden.
Im Kugelsegment gab es von Nuss bis Marzipan schnell mehr als ein Dutzend Sorten. Namen wie Zabaione und Stracciatella standen bis in die späten Achtziger für Original italienische Lebenskultur. Das Husarenstück der Verrücktheit war dann das chemisch-blau leuchtende Schlumpfeis.
In den Neunzigern experimentieren Premiumanbieter mit frisch gebackenen, zimtierten Waffeltüten und Sorten von Exotic bis Absurdum. Erst vor kurzem ertappte ich mich selbst, wie ich »Crème Brûlée Zitronengras« löffelte und mich wunderte, dass das schmeckt wie Knüppel auf den Kopp. Im Freundeskreis fragten wir uns neulich, warum es einstige Klassiker wie Erdbeer Sorbet, Crème Caramel oder Mandarine, nicht mehr gibt. Vermutlich viel zu … profan.
Nach der Wirtschaftskrise 2002 schossen Eisläden aus dem Boden wie Waldpilze. Allein im Schanzenviertel ploppten gleich drei oder vier Stores hervor. Da wurden handgeraspelte Gemüsesplitter ins Eis gedübelt. Einige setzten alles auf die Witzigkeit in der Namensgebung ihres Kugelkuddelmuddels. Andere drehten massiv an der Preisschraube und lobten die hohe Qualität aus. Zwei Jahre später sind die meisten wieder von der Eisfläche verschwunden.
Nun erregt ein neuer Trend die Geschmäcker der Kosmopoliten: frozen Yoghurt! In den USA seit den Siebzigern beliebt, begeistern sich auch hierzulande immer mehr Leute an dem feinen, fett- wie kalorienreduzierten Hybrid aus Softeis und frischem Joghurteis. Neben ein, zwei kleinen Ketten und einem US-Kaffeehausimperium, ist ein Store besonders erwähnens- und besuchenswert: froNatur.
In den Souterrain-Räumlichkeiten an der Grindelallee gibt es seit Ende Mai Hamburgs ersten Frozen Yoghurt Store mit Selbstbedienung. Hinter froNatur stehen zwei echte nordische Frohnaturen: Kaja und Stella stammen aus Dithmarschen und haben die Idee während eines Masterstudiums in den USA ausgetüftelt. Die beiden erfrischend aufgeschlossenen Blondinen haben hier alles in Personalunion mit Hilfe von Freunden und Bekannten auf die Beine gestellt. Vom grinsenden Joghurtgesichtlogo bis zum Blumenpott. Von der Website bis zur Facebook-Fanpage. Von der Treuekarte bis zum Stromkastendesign. Alles ist lila-weiß. Schon von weitem ahnt man: hier isst das feine Auge mit.
Das Besondere an dem Konzept der beiden ist neben der Selbstbedienung (Hand aufs Herz, wer hat schon je zuvor selber am Hebel gezogen?!) die Vielfalt der Toppings. Denn zu den drei Joghurtgrundsorten gibt es 20-30 unterschiedliche Topping-Varianten: von regionalen Erdbeeren, frisch vom Ostsee-Erdbeerhof eines Cousins, bis hin zu Oreo-Keksstückchen, Müsli, Käsekuchen, hausgemachter Raffaello-Soße oder Smarties. Individualität is King, bzw. Queen.
Stella und Kaja sehen froNatur weder als klassischen Eisladen, noch als Konkurrenz zu selbigen. Ziel ist es, die Leute ganzjährig zu begeistern. Auch mit selbstgebackenem Kuchen und ausgewählten Kaffeesorten. Wie sagte Madonna noch 1998: »You’re frozen – when your heart’s not open«. Also, ob Frohnatur, stiller oder stilvoller Genießer: support your local Frozen Yoghurt Dealer.