Endlich wieder eine deutsche Beziehungskomödie. Allein bei dem Begriff »Beziehungskomödie« geht der Pipi nach unten. Spontan fallen einem drei, vier solide Til Schweiger Eigenproduktionen ein, allesamt mit Goldeselfaktor 5, am Komödien-Konfigurator gekonnt zusammengesetzt. Tritt nun Matthias Schweighöfer in dieselben Fußstapfen? Schweiger – Schweighöfer? Mitgespielt hat er ja bereits in dessen Einwortkomödien. Jetzt selber die volle Palette: Hauptrolle, Regie, Buch, Co-Autor, Produktion. Erstmal wow!
Die Filmstory besteht aus real erlebten Anekdoten, die Matthias Schweighöfer – gemeinsam mit Drehbuchautor Doron Wisotzky – quasi aus dem Ärmel heraus zum Drehbuch verquirlt hat. Doch Obacht! Selbsterlebte Witzigkeiten sind nicht immer auch für Außenstehende lustig. Das kann man immer wieder bestens auf Hochzeiten während der Reden engster Verwandter feststellen. Die Thematik »Beziehung Mann/Frau« und speziell die Frage »Wann ist ein Mann ein Mann?« hat Herbert Grönemeyer bereits 1984 ausführlich beantwortet. Trotzdem bietet sich immer wieder genügend Stoff für neue, bzw. alte Geschichten.
Im Gegensatz zum hippen, filmisch längst inflationären Ostberlin, spielt Schweighöfers Film im eher unattraktiven Frankfurt, das hier auffällig charmant, schick und grün inszeniert ist, so dass man die ganze Zeit meint, man wäre im frech frischen Berlin-Kreuzberg unterwegs. Der Plot ist flugs erzählt: Alex ist der grundgute, schüchterne, ehrliche Typ. Und den verkörpert man symbolisch am besten, genau – als Grundschullehrer. Die hübsche, latent gestörte, blondierte Ex, nett gespielt von Mavie Hörbiger (Enkeltochter von Paul und Nichte von Christiane Hörbiger), muss natürlich aus der Werbung kommen und ist natürlich Fotomodel. Für die perfekte Nachhilfe in Sachen Männlichkeit braucht es jetzt noch zwei Figuren: einen sympathischen Türken – Migrationshintergrund meets Machoattitüden und damit es nicht zu klischeehaft wird: eine attraktive Deutschtürkin, die die moderne, süße, weltoffene Frau verkörpert. Irgendwie ist es dann immer dasselbe: Der Gute ist mit der falschen zusammen und die wirklich tolle Frau, die man seit Schulzeiten kennt, entdeckt man erst nach einer Beziehungskrise. Film ab!
Und doch hat die Schweighöfer-Produktion recht großen Unterhaltungswert. Hätte man im Fine Tuning noch diverse Klamaukeinlagen, die in süffiger Dreh- und Buchatmosphäre garantiert lustig waren – im Dienste der Authentizität und des Flows – rausgeschnitten, also den aufgesetzten Mario Barth-Beigeschmack, dann wäre der Film deutlich besser als er vermuten lässt. Denn Matthias Schweighöfer ist ein toller Schauspieler und ein sympathischer, authentischer Typ. Nicht ohne Grund wurde er vom Männermagazin GQ just zum »Mann des Jahres 2010« gewählt. Gut, nur in der Kategorie »Film National« und nur aufgrund seiner bisher skandalfreien Laufbahn, aber immerhin.
Großartig übrigens Thomas Kretschmann als überpotenter Werbefotograf und Milan Peschel (kennt man aus der Frankurter Tatort-Folge »Weil sie böse sind«, ebenfalls an der Seite von Matthias Schweighöfer) als kauziger Hinterwäldler und Leiter des Workshops »Selbstfindung durch Bäumefällen«, in schlabberiger langer Unterhose. Mir gefiel vor allem Sibel Kekilli in ihrer natürlichen, beinahe tatsächlich zum Verlieben authentischen, ungespielt wirkenden Art, was man 2004 bei »Gegen die Wand« definitiv nicht sagen konnte.
Interessant auch der Soundtrack zu den vielen schönen, langen Einstellungen und den emotionalen Rückblenden. Sample-artig ertönen immer wieder Ohrwurm-Bruchstücke von »What a man«. Allerdings nicht das Original von Linda Lyndell aus dem Jahr 1968. Auch nicht das grandiose »Whatta man“«, 1993 von Salt ’n‘ Peppa, gemeinsam mit den großartigen Ladies von En Vogue, deren Clip ein Jahr später bei den MTV Music Awards u.a. für »Best Dance Video« und »Best Choreography« ausgezeichnet wurde. Nein, hier ist es die erstaunlicherweise nicht unangenehme, von Stefan Raab produzierte Version von Lena Meyer-Landrut.
Apropos Überraschung: Auch wenn das Filmende niemandem das Brötchen aus der Hand fallen lassen dürfte, insgesamt ist »What a Man« ein kurzweiliges Vergnügen mit vielen Schmunzlern und sogar einigen Lachern, noch dazu an der richtigen Stelle. Und wenn man das massive Air-Berlin-Product-Placement einfach ignoriert, dann ist es ein wirklich smarter Film über die Liebe. Könnte ein Til Schweiger Berlinfilm sein. Ist aber ein Matthias Schweighöfer Frankfurtfilm – mit einer tollen, ambitionierten Sibel Kekilli. Vermutlich die schönste Liebeserklärung, die Frankfurt je gemacht wurde.