Chucks gehören in jeden Lifestyle-Haushalt. Egal, ob Teenage-Skater oder Baby-Boomer-Business-Lady. Wer Chucks besitzt und trägt, kann per se kein schlechter Mensch sein. Elvis trug weiße Chucks. Mick Jagger heiratete in ihnen das nicaraguanische Supermodel Bianca. James Dean trug sie. Und die Beach Boys, als jene noch cool waren.
Los ging’s 1917. Der hohe Canvas-Schuh mit der Gummisohle wurde von Marquis Converse produziert, einem Gummistiefelexperten aus Massachusetts. Zunächst ausschließlich in Schwarz. Eingesetzt im amerikanischen Profibasketball unter dem Namen »Converse All Star«. (Aua! Schönen Gruß an Achillessehne und Sprunggelenk).
Der Profibasketballspieler und Converse Mitarbeiter Chuck Taylor trieb die Entwicklung und Vermarktung aktiv mit voran. 1923 erhielt der 16-Loch-Sportschuh den typischen runden Aufnäher auf der Knöchelinnenseite mit der Bezeichnung »Converse Chuck Taylor«, (schon deshalb stellt sich für mich auch nicht die Frage, Hi oder Low).
Auf der Straße sprach man ab sofort von Chucks. 1966 kamen zu den Basismodellen Schwarz und später Weiß, sieben Regenbogenfarben dazu, rechtzeitig zur aufblühenden Hippiekultur. Dann wurde es ruhig um die Chucks. Erst mit der Punkbewegung Ende der Siebziger und Bands wie den Ramones gelang dem Leinenschuh ein Comeback. Dasselbe passierte 15 Jahre später mit dem Phänomen Grunge, rund um Antihelden wie Kurt Cobain von Nirvana oder Eddie Vedder von Pearl Jam. Chucks als Sinnbild für Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Authentizität.
Parallel gab es erstmals Stil-Überschneidungen zweier Musik-, bzw. Lifestyle-Kulturen. Denn auch im Hip-Hop erreichten Chucks Kultstatus, besonders bei Westcoast-Rappern. Allen voran Snoop Dog, der konsequent das navy-blaue Modell promotete. (Allerdings nur bis 2004. Dann nahm die amerikanische Kultmarke Pony den Snoopster unter Vertrag und präsentierte 2005 die Chucks inspirierte Limited Edition »Snoop Dogg Doggy Biscuitz«: innen mit dem Snoop Dogg typischen Paisley-Muster, kombiniert mit oldschool Hip Hop typischen Fat Laces). Punk und Rock setzten auf schwarz, abgewarzt und kugelschreiberbekritzelt, Hip-Hop auf clean und fresh.
Trotz allem Brimboriums meldete Converse 2001 Konkurs an. Wurde jedoch zwei Jahre später von NIKE gekauft und erreichte seitdem seinen kommerziellen Zenit. So trug Will Smith 2004 in Steven Spielbergs Science Fiction Blockbuster »i, Robot« den brandaktuellen »Black Leather« Chuck, die im Film ironisch – und eher überschwänglich als unterschwellig – als »Vintage-Modell 2004″« promotet wird. Bei den Pariser Modenschauen 2006 sah man sogar die exzentrische Ex-Chefredakteurin der französischen Vogue, Carine Roitfeld, in Chucks.
Zum 100. Geburtstag gab es 2007/08 das silberfarbene Modell »Century«. (Ich erinnere noch haargenau, wie ich mit meiner Chucks vernarrten Freundin bei der Kopenhagen Fashionweek im März 2008 bei -14°C zu Fuß die halbe Stadt nach der Silberedition absuchte).
Doch Hand aufs Herz. Ob Leder oder Kord, Siebdruck oder Nietenbesatz: Für mich gibt es nur drei wahre Chucks – den Klassischen in Cremefarben, den Navy-Blauen und den Schwarzen. Dabei halte ich es wie Jackass-Hallodri Johnny Knoxville: Wer über 30 ist, trägt Senkel in Schuhfarben und die oberen vier Ösen bleiben ungeschnürt.
Die Schnürsenkel werden von oben eingefädelt. Dabei sollte der Abstand beim Schnüren zwischen den Ösen luftige 56-58 mm betragen. Beliebter Anfängerfehler: Gern werden Chucks zu eng geschnürt. Das sieht blöd aus, konterkariert die Lässigkeit und schlimmer: die Schuhspitze biegt sich gewürzgurkenförmig nach oben. Und die Laces mehrfach um den Knöchel wickeln? Im Ernst, das machen nur Emos, Hinterwäldler und Leute mit latenter Durchfallerwartung. Ach – und auch wenn Chucks, im Gegensatz zu allen anderen Sneakern, »abgerockt« zu sein haben: Die weißen Kappen müssen meiner Meinung nach blitzeblankesauber sein. Eine Fünfsekundensache mit dem Küchenschwamm. In diesem Sinne: Chuck-Booooom!